Ein weiteres Kapitel Biel

Es sollte der krönende Abschluss sein, als ich vergangenes Jahr zum 10x die 100 km von Biel beenden durfte. Ein Lauf der mich meine ganze Laufkarriere begleitete.

Angefangen mit meinem allerersten Wettkampf überhaupt. Vor genau 21 Jahren lief ich den, seinerzeit noch tagsüber ausgetragenen Marathon, in einer für einen Marathonneuling erstaunlichen Zeit von 3:13. Da muss mich wohl das Virus Biel befallen habe, auch wenn ich im Folgejahr nochmal „nur“ den Marathon gelaufen bin. Am 11. Juni 1999 bin ich dann zu meinem allerersten 100 Km Lauf von Biel gestartet. Ohne GPS Uhr, ohne Fahrradbegleiter, nur mit einer Handtaschenlampe ausgerüstet, die mir den berühmten Ho Chi Minh- Pfad nur spärlich ausleuchtete und einer Zeit in der ich dieses Jahr 11. geworden wäre, seinerzeit 26.

Zwei Jahre später, dann schon mit meinem mehrfachen Radbegleiter Jürg, meine Bestzeit von 8:06,26, die ich Jahre später kaum nachvollziehen kann und sicherlich der sportliche Höhepunkt meiner bescheidenen Läuferkarriere ist, auch wenn ich die Zeit nicht auf meine Wade tätowiert habe . Es folgten mit einigen Unterbrüchen noch einige Starts, bis ich vergangenes Jahr den Sack mit meinem 10. Finish zumachen wollte.

Wären da nicht die Erinnerungen, die mehr sind als Zeiten. Im Nachhinein vergisst man die Strapazen und Schmerzen, die zum Hunderter dazugehören, wie die Nacht. Es bleibt das ungemeine Glücksgefühl, wenn man aus der Komfortzone geht, etwas  leistet, wozu nur die Wenigsten in der Lage sind und noch weniger dazu bereit sind. Tagelang schwebte ich wie auf einer Wolke, wenn ich es mal wieder geschafft hatte, diese unfassbare Strecke zu bewältigen.

Das noch ein allerletztes Mal erleben!

Fühlte mich fit und motiviert als ich zur Nacht der Nächte aufbrach. Hatte anfangs ein gutes Gefühl und dachte auch, nicht zu schnell gestartet zu sein. Der Wechsel von toller Stimmung und absoluter Ruhe in der Nacht sind immer wieder faszinierend. Natürlich werden die Beine immer schwerer, da und dort schmerzt es. Doch nach 30 km wurden die Probleme immer grösser, versuchte mit Gehpausen und Lockerungsübungen wieder in Trab zu kommen. Der Rücken schmerzte immer mehr. Der Kulminationspunkt ist Kirchberg, nach 56 Km. Dort kann man aussteigen, wird noch gewertet, oder läuft weiter, in den berühmt-berüchtigten Ho Chi Minh-Pfad.

Schweren Herzens, aber zweifelsohne vernünftig, entschied ich mich zur Aufgabe. Richard Tonolla wird hoffentlich das Bild nicht veröffentlichen, welches mich als Häufchen Elend in einer Ecke, abseits der Festwirtschaft zeigt.

So endet mein Bieler Karriere vorläufig statt mit einer Überdosis Endorphine, mit einer schweren Enttäuschung, die es zu verkraften gilt.

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Es machte die Runde, dass man nach dem diesjährigen 60. Jubiläum die Strecke ändern, vielleicht sogar die Strecke auf mehrere Runden aufteilen wolle. In der Garderobe sprach ich Jakob Etter, bis vor einem halben Jahr OK Chef, darauf hin an. Er meinte, dass man sich Gedanken mache, wie man die Bilder Lauftage auch in 10-15 Jahren attraktiv halten könne, und das eine Streckenänderung aktuell-also für das nächste Jahr, kein Thema sei.

Hoffe, man dreht bei der Modernisierung nicht zu sehr an der Schraube. Der Swiss Alpine, der den legendären K78 einfach gestrichen hat, sollten Warnung genug sein, wie man eine etablierte Veranstaltung vor die Wand fahren kann. Das wäre etwa so, als wenn man in Biel einen 100 Meilenlauf etablieren wollte und man sich wundert, dass niemand mehr die Originalstrecke laufen will. Ist nur ein fiktives Beispiel, aber so ähnlich ist es beim Swiss Alpine gelaufen.

Bin mir freilich bewusst, welchen Aufwand es bedeutet, eine grosse Runde über 100 Km zu organisieren und sichern und dass man mit dem Startgeld der Hunderter so etwas nicht stemmen kann. Hoffe, in Biel trifft man die richtigen Entscheidungen, um die Legende „100 km Biel“ auch in der Zukunft attraktiv zu halten. Nicht ausgeschlossen, dass man mich dort nochmal trifft…